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In den Flughäfen von Düsseldorf, Berlin oder Frankfurt bilden sich schon jetzt regelmäßig lange Schlangen. Die Probleme dürften den Sommer über anhalten.

In den Flughäfen von Düsseldorf, Berlin oder Frankfurt bilden sich schon jetzt regelmäßig lange Schlangen. Die Probleme dürften den Sommer über anhalten. Foto: Hannes P. Albert/dpa

Fehlendes Personal Chaos an Flughäfen dürfte den Sommer über anhalten

Zu Pfingsten erleben Fluggäste einen Vorgeschmack auf den nahen Ferienflugsommer. Zum Neustart nach Corona fehlt es im System an allen Ecken an Personal. Lange Wartezeiten und Flugausfälle scheinen unvermeidbar.

Flughäfen und Airlines reden gar nicht mehr drumherum: Ferienreisen per Flugzeug werden im Sommer zur Nervenprobe für Passagiere und Anbieter gleichermaßen. Die Branche verpatzt den Neustart in die erste einigermaßen pandemiefreie Saison seit 2019.

Grund ist Personalmangel an verschiedenen Punkten des Reiseprozesses: Von der Passagierkontrolle über die Flugzeugabfertigung bis hin zu den Flugbegleitern, überall fehlen die Leute, die sich in der Pandemie andere Jobs gesucht haben.

«Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Das kann vor allem beim Check-in, beim Beladen der Koffer und in der Luftsicherheitskontrolle zu Engpässen in Spitzenzeiten führen», sagt der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel. Die Flughafenbetriebsräte schätzen den zusätzlichen Bedarf auf 5500 Leute bundesweit.

Reisechaos in Großbritannien durch Personalmangel

In Großbritannien machen sich Regierung und Flugbranche gegenseitig für das Reisechaos verantwortlich, das bereits zu Hunderten Flugabsagen und überfüllten Passagierterminals geführt hatte. Auch hier fehlt geschultes Personal, das in den beiden zurückliegenden Jahren die Branche massenhaft verlassen hat. Es sei derzeit fast unmöglich, Personal zu finden, sagte ein Vertreter der Gewerkschaft GMB der BBC. In Deutschland seien viele Mitarbeiter in die Logistik abgewandert, sagt Thomas Richter vom Verband der Bodenabfertiger ABL.

Wegen fehlender Flugbegleiter sah sich Billigflieger Easyjet bereits zuvor zu einem drastischen Schritt veranlasst: In der britischen Teilflotte wird in diesem Sommer bei sämtlichen Flugzeugen vom Typ Airbus A319 die hintere Sitzreihe ausgebaut. Sechs Sitzplätze weniger bedeuten, dass die Airline nach geltenden Sicherheitsschlüsseln für die verbliebenen 150 Passagiere nur noch drei statt bislang vier Flugbegleiter in der Kabine einsetzen muss.

Lange Schlangen auch an deutschen Flughäfen

Wegen des gestiegenen Touristikanteils am Verkehrsaufkommen braut sich gerade an den Wochenenden auch in den deutschen Terminals einiges zusammen. Schon aktuell ziehen sich regelmäßig lange Schlangen durch die Hallen in Düsseldorf, Berlin oder Frankfurt. In der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen hakt es vor allem bei den Passagierkontrollen, die ein privater Dienstleister im Auftrag der Bundespolizei durchführt. Die Gewerkschaft Verdi rechnet mit anhaltenden Problemen über den Sommer, da die angespannte Personallage die Mitarbeiter körperlich und psychisch belaste. Schon jetzt gebe es einen Krankenstand von mehr als 20 Prozent, sagt Verdi-Experte Özay Tarim.

Frankfurt hat wie Dauer-Konkurrent Amsterdam angekündigt, zur Entlastung des Systems den Flugplan auszudünnen, also einzelne Verbindungen zu streichen. Natürlich in enger Absprache mit den Airlines, die darüber alles andere als glücklich sind und Entschädigungen verlangen. Die niederländische KLM hat zwischenzeitlich sogar den Ticketverkauf eingestellt, um Luft für Umbuchungen zu bekommen.

Menschen haben beim Reisen Nachholbedarf

Trotz Ukraine-Krieg und Rekord-Inflation gibt es einen enormen Nachholbedarf gerade bei den Privatreisenden. Bereits in der vergangenen Woche (23. bis 29. Mai) gab es laut Eurocontrol an Europas Himmel wieder mehr als 28.100 Flüge am Tag, was knapp 86 Prozent des Vorkrisen-Niveaus entspricht. Im Sommer will beispielsweise der Lufthansa-Konzern auf der europäischen Kurzstrecke wieder 95 Prozent des Vorkrisenniveaus fliegen, die Direktflugtochter Eurowings bietet sogar mehr Sitzplätze an als 2019. Es passt da gar nicht ins Bild, dass die französische Flugsicherung bis Ende Juli wegen der Einführung eines neuen Systems ihre Kapazität verringert und Flüge in den deutschen Luftraum verlegt werden müssen.

Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hat in der Krise rund 4000 Stellen abgebaut und darüber hinaus ungeplant Bodenpersonal verloren, das anderswo bessere Jobs gefunden hat. Auf einem weitgehend leer gefegten Rhein-Main-Arbeitsmarkt 1000 neue Leute zu finden, wird zur kaum zu bewältigenden Herausforderung. Mehr als 100 neue Leute im Monat seien kaum zu schaffen, sagt Fraport-Chef Stefan Schulte.

Eine Hürde sind die hohen Sicherheitsanforderungen für Menschen, die gegen kleines Geld bei Wind und Wetter auf dem Vorfeld arbeiten, Gepäck verladen und Verpflegung anliefern. Bis zu sechs Wochen kann die Zuverlässigkeitsüberprüfung bei der Luftsicherheitsbehörde des Landes Hessen dauern. Wer in den letzten fünf Jahre länger als sechs Monate im Ausland gelebt hat, muss entweder ein europäisches Führungszeugnis oder eine Straffreiheitsbescheinigung des entsprechenden Landes vorlegen - für viele Migranten eine kaum machbare Anforderung.

Die Krise ist längst global, so dass sich auch der Airline-Verband IATA der Sache angenommen hat. Er schlägt global einheitliche Ausbildungsinhalte vor, damit Bodenpersonal wie Piloten überall auf der Welt eingesetzt werden könnten. Zudem müsse die Rekrutierung verbessert und die Sicherheitsüberprüfungen gestrafft werden.

Fluggastrechte bei Ausfällen und Verspätung

Wegen Personalmangel rechnet die Flugbranche in diesem Sommer mit weitreichenden Störungen für Fluggäste. Wem lange Wartezeiten und Flugausfälle drohen, sollte seine Rechte kennen. Die wichtigsten Fakten aus der EU-Fluggastrechteverordnung:

  • Entschädigungssumme: Bei kurzfristigen Annullierungen und Verspätungen von mehr als drei Stunden steht Flugreisenden oft eine Ausgleichszahlung zu. Die Höhe richtet sich nach der Flugdistanz. Eine deutliche Verschiebung des Fluges - etwa vom Morgen in den Abend - ist rechtlich ebenfalls als Annullierung zu bewerten.
  • Bedingungen und Ausschlusskriterien: Die Entschädigung nach EU-Recht steht Kunden nur zu, wenn die Fluggesellschaft für die Annullierung oder Verspätung verantwortlich ist. Eine Airline muss nicht zahlen, wenn die Probleme auf sogenannte außergewöhnliche Umstand zurückgehen, die sie nicht beeinflussen kann. Dazu zählen zum Beispiel ein Ausfall der IT-Systeme am Flughafen und oft auch Sturm und Gewitter - nicht aber technische Probleme des Fliegers.

Nicht zahlen muss die Airline auch, wenn sie Flugstreichungen und größere Änderungen der Flugzeiten mindestens 14 Tage im Voraus angekündigt hat. Dann kann der Kunde kostenfrei vom Vertrag zurücktreten.

  • Erstattung oder alternative Beförderung: Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, für die Passagiere eine Ersatzbeförderung zum Zielort zu organisieren oder die Kosten für das Flugticket zu erstatten. Das gilt auch dann, wenn die Airline den Flugausfall nicht zu verantworten hat. Sie muss ihre gestrandeten Kunden betreuen und verpflegen. Wird eine Hotelnacht nötig, kommt sie dafür auf.
  • Geltungsbereich: Die EU-Fluggastrechte gelten für alle Flüge, die in der Europäischen Union starten. Und sie greifen für alle Flüge, die in der EU landen - hier jedoch mit einer Bedingung: Die Airline muss ihren Sitz in der EU haben.
  • Durchsetzung der Rechte: Nicht immer zahlen Fluggesellschaften, obwohl sie es rechtlich müssten. Sie versuchen teils, Kunden abzuspeisen oder hinzuhalten. Daher kann es manchmal schwierig sein, das Geld von der Airline zu bekommen. Hartnäckigkeit lohnt sich.

Verbraucherschützer raten dazu, sich erst einmal direkt an die Fluggesellschaft zu wenden. Und am besten eine Frist zu setzen. Zeigt sich die Airline trotz berechtigten Anspruchs nicht einsichtig, können sich Kunden an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Alternativen sind Inkassodienste oder rechtlicher Beistand.

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