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Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, wer bei Verletzungen auf einer Pauschalreise die ausländischen Bauvorschriften prüfen muss

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, wer bei Verletzungen auf einer Pauschalreise die ausländischen Bauvorschriften prüfen muss

Unfall im Hotel BGH stärkt Pauschalurlaubern den Rücken

Eine Verletzung im Urlaub ist doppelt ärgerlich. Trifft den Veranstalter eine Mitschuld? Das nachzuweisen, kann schwierig sein. Ein Urteil erhöht nun die Chancen, finanziell entschädigt zu werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Rechte von Pauschaltouristen, die sich in ihrer Hotelanlage verletzen. Im Streit mit dem Reiseveranstalter um finanziellen Ausgleich müssen sie sich nicht selbst mit den ausländischen Bauvorschriften auseinandersetzen.

Darum haben sich die Gerichte im Prozess zu kümmern, entschieden die obersten Zivilrichter in Karlsruhe (Az. X ZR 166/18). Das Urteil hilft einem Mann, der fast 7000 Euro von Tui fordert. Der Sohn seiner Lebensgefährtin war im Hotelzimmer auf Gran Canaria gegen die geschlossene Balkontür gelaufen. Der Siebenjährige schnitt sich an den Scherben die Haut auf und durfte fünf Tage nicht ins Wasser.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle, das die Klage abgewiesen hatte, muss den Fall nun noch einmal verhandeln - und bei Bedarf einen Sachverständigen für spanisches Baurecht einschalten.


Die Glastür war in Augen- und Hüfthöhe eines Erwachsenen mit zwei Warnaufklebern markiert. Die Richter in Celle waren der Ansicht, dass das ausreicht, um einen Hotelgast darauf aufmerksam zu machen.

An dieser Einschätzung hat der BGH erst einmal nichts auszusetzen. Der Senat sieht das OLG aber trotzdem in der Pflicht, die Einhaltung der spanischen Bauvorschriften zu prüfen. Hätte die Tür eigentlich aus bruchsicherem Glas sein müssen, würden zwei kleine Aufkleber das Problem nicht aus der Welt schaffen, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Bacher. Dann müsste der Hinweis für den Urlauber, dass von der Scheibe eine Gefahr ausgeht, deutlich größer sein.

In der Verhandlung am Vormittag hatte der BGH-Anwalt von Tui, Hans-Eike Keller, dem Kläger vorgeworfen, nie gesagt zu haben, was für eine Vorschrift überhaupt verletzt sein soll. Er räumte zwar ein, dass das nicht ganz einfach sei. Aber es sei zumutbar, sich bei einem spanischen Anwalt oder der Baubehörde schlau zu machen, bevor man einen Rechtsstreit durch drei Instanzen führe.

Der Mann hatte im Prozess nur gesagt, dass eine Balkontür ja wohl so stabil sein müsste, dass ein Kind aus kurzer Entfernung dagegenlaufen kann. Dem BGH reicht das aus. Das sei konkret genug, um genauer nachzuforschen. Der Senatsvorsitzende Bacher wies allerdings auch darauf hin, dass ein Sachverständiger hohe Kosten verursache. Vielleicht sei es eine Überlegung wert, sich doch so zu einigen.

Hintergrund des Streits ist, dass Reiseveranstalter gewisse Vorkehrungen treffen müssen, um ihre Kunden vor Schaden zu bewahren. Verletzen sie diese sogenannte Verkehrssicherungspflicht, kann das einen Reisemangel begründen. Pauschaltouristen können dann den Reisepreis zumindest teilweise zurückfordern. Möglicherweise haben sie auch Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Der Mann in dem Fall will erreichen, dass Tui ihm selbst, seiner Lebensgefährtin und dem Jungen für die Woche auf Gran Canaria im Juli 2016 den vollen Reisepreis erstattet. Dazu fordert er für alle drei eine Entschädigung «wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit». Das Kind soll außerdem 2500 Euro Schmerzensgeld bekommen.

(26.06.2019, dpa)

REISE & PREISE sagt Ihnen, welche Rechte sie haben.

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REISERECHT Stau, Zugverspätung - Flieger weg

Da fliegt es davon - und man selbst sitzt auf seinem Koffer im Flughafen anstatt im Flugzeug. Es gibt viele Gründe, warum ein Passagier seinen Flug verpassen kann: verschlafen, Stau auf der Autobahn, S-Bahn verpasst, Zugverspätung. Nicht immer bleibt er allerdings auf seinem Schaden sitzen. REISE & PREISE sagt Ihnen, wann mit Schadensersatz zu rechnen ist.

Grundsätzlich, so Juristen, muss der Reisende bei seiner Anfahrt zum Flughafen »vorhersehbare und einzukalkulierende Risiken im täglichen Straßenverkehr« berücksichtigen. Die Regel gilt bei manchen Richtern sogar für eher nicht vorhersehbare Zwischenfälle. In einem Fall wurde ein Urlauber bei der Anfahrt zum Airport mit seinem Fahrzeug schuldlos in einen leichten Verkehrsunfall verwickelt. Doch das reichte aus, um die Maschine zu verpassen. Der Betroffene wollte vom Unfallgegner dafür Schadensersatz. Doch vor Gericht kam er damit nicht durch. Die Richter bemäkelten vor allem, der Betroffene sei »ohne jedes Zeitpolster erst so spät« losgefahren, dass er durch den Unfall in die Bredouille geriet. (AG Menden; Az.: 4 C 53/05).

Besser haben es Reisende, die ein pauschales Urlaubspaket mit Rail & Fly-Ticket der Deutschen Bahn gebucht haben. Hat der Zug auf der Fahrt zum Flughafen Verspätung und verpasst der Passagier deswegen seinen Flug, dann muss der Reiseveranstalter für den Schaden haften. Frankfurter Richter erklären: Bietet der Reiseveranstalter für die Anreise zum Flughafen Rail & Fly-Tickets an, so gehört dieser Transfer zum Reisevertrag zwischen Veranstalter und Urlauber. Erreicht der Kunde wegen einer Zugverspätung dann nicht rechtzeitig den Check-in-Schalter und bietet der Veranstalter ihm keinen »zeitnahen« Ersatzflug an, so liege ein »erheblicher Reisemangel« vor. Und dann, so

das Gesetz, können betroffene Urlauber nicht nur eine Minderung des Reisepreises fordern, sondern auch die Reise sofort kündigen, bzw. Schadensersatz oder Entschädigung für »nutzlos aufgewendete Urlaubszeit« verlangen. In diesem Fall galt das, obwohl die betroffenen Gäste sich selbst die Zugverbindung ausgesucht hatten (LG Frankfurt am Main, Az.: 2-24 S 109/09).

Auch wer den Flughafen schon erreicht hat, muss aufpassen. In der Wartelounge des Airports von Dubai schlief der Teilnehmer einer deutschen Reisegruppe ein, verpasste deshalb den Weiterflug in den Jemen und musste auf eigene Kosten mit einer späteren Maschine nachkommen. Vor Gericht hatte er noch versucht, die Verantwortung auf die Reiseleiterin abzuwälzen. Die hätte ihn wecken müssen, habe ihre »Betreuungspflicht« nicht erfüllt. Doch die Reiseleiterin hatte ihn geweckt. Der müde Passagier war direkt danach aber erneut eingeschlafen (AG München, Az.: 183 C 15864/07).

Immer wieder verpassen Passagiere ihren Flug, weil sie am Check-in zu lange warten müssen. Hier sind vor allem die Fluggesellschaften in der Pflicht, sie müssen für entstandene Schäden haften. Grundsätzlich gilt: Ein Reisender, der frühzeitig am Abfertigungsschalter erscheint, »darf darauf vertrauen, rechtzeitig abgefertigt zu werden und mitfliegen zu können« (AG München, Az.: 113 C 2852/00). Und: Solange die Abfertigung am Check-in-Schalter noch nicht abgeschlossen ist, darf eine Fluggesellschaft »die Annahme auch des verspätet am Abfertigungsschalter erschienenen Fluggastes nicht verweigern«, so Juristen. Mit anderen Worten: Wer zu spät am Flughafen erscheint, der sollte nicht gleich schwarz sehen, sondern erst mal zum Check-In-Schalter eilen. Werden dort noch andere Gäste abgefertigt, so muss auch er noch an die Reihe kommen. Ist der Schalter aber bereits geschlossen, dann hat der Passagier Pech gehabt (AG Bad Homburg, Az.: 2 C 2101/98-18). Wichtig auch: Bei langen Warteschlangen muss die Airline dafür sorgen, dass Passagiere mit nahender Abflugzeit aus der Check-in-Schlange herausgerufen und schnellstmöglich abgefertigt werden (AG Erding, Az.: 4 C 309/06).

Umgekehrt müssen Fluggäste bei Umsteigeverbindungen oder Anschlussflügen die für jeden Airport gültige »minimum connecting time« berücksichtigen. Mit Blick auf die internationale Ankunft und die Zollformalitäten hält Luftrechtler Roland Schmid zum Beispiel eine nur 50-minütige Umsteigezeit im indonesischen Flughafen Denpassar für "sehr knapp bemessen". Dort hatte ein aus Singapur kommender deutscher Passagier seinen Weiterflug auf die Ferieninsel Lombok verpasst.

(April 2010, Elias Elo)

Passagiere haben bei Verspätungen Anspruch auf Entschädigung, wenn die Airline keine Ersatzcrew stellen kann.

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Foto: R&P

Reiserecht Airline muss Ersatzcrew stellen

Eine Airline muss notfalls eine Ersatzcrew parat haben, um große Verspätungen zu vermeiden. Sorgt eine Airline nicht vor, haben Passagiere bei Verspätungen Anspruch auf eine Entschädigung. 
Der Streik macht vielen Reisenden einen Strich durch die Planung.

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Foto: R&P Archiv

Reiserecht  Diese Rechte haben Fluggäste beim Streik

Am Flughafen in Frankfurt haben die rund 200 Vorfeldmitarbeiter erneut die Arbeit niedergelegt. Der Streik könnte bis Donnerstag andauern. Betroffene Passagiere sollten jetzt ihre Rechte kennen.