Reisemesse ITB Was bleibt nach Corona von der flexiblen Pauschalreise?
Flexibel stornierbare Tarife, der Verzicht auf Anzahlungen: Reiseveranstalter unternehmen derzeit viel, um Urlauber zum Buchen zu motivieren. Mit Erfolg? Und ist die neue Freiheit von Dauer?Die Pauschalreise hat sich durch Corona verändert. Urlauberinnen und Urlauber wünschen sich Sicherheit und vor allem Flexibilität. Die Veranstalter haben darauf reagiert und zum Beispiel Tarife mit kurzfristigen Stornierungsmöglichkeiten gegen Aufpreis aufgelegt, manche gar die Anzahlung gestrichen.
Doch motivieren solche Angebote wirklich dazu, jetzt schon Urlaub zu buchen? Und werden sie Reisenden nach der Pandemie erhalten bleiben? Darüber wurde auf der Reisemesse ITB diskutiert (noch bis 12. März), die 2021 ausschließlich online stattfand.
Die Angst vor Ansteckung ist groß
Zwar hoffen alle Veranstalter vor allem auf eine starke zweite Jahreshälfte und setzen dabei unter anderem auf flexible Tarife, um die Menschen zum Buchen zu bewegen. Bei Tui haben rund 80 Prozent der Kunden die Flex-Option seit Einführung am 1. Februar hinzugebucht. Bei DER Touristik sind es mehr als 70 Prozent. Mit den neuen und etwas teureren Tarifen lässt sich ein Urlaub noch sehr kurzfristig ohne Gebühren umbuchen oder stornieren.
Guido Wiegand, Vertriebsgeschäftsführer bei Studiosus, räumte jedoch ein, dass die Instrumente der Veranstalter limitiert seien. Die größte Sorge der eigenen Kunden sei nicht, dass diese ihr Geld nicht wiederbekämen - sondern die Angst, sich vor Ort im Urlaub anzustecken. «Und die Sorge vor der Ansteckung, die kann man ganz objektiv nur sehr bedingt nehmen», sagte Wiegand.
Studiosus bietet ein Corona-Kulanz-Paket und verlangt zum Beispiel keine Anzahlung mehr für Reisen. Bis vier Wochen vor Reiseantritt lässt sich zudem kostenlos umbuchen oder vom Vertrag zurücktreten. Man müsse aber erkennen, dass dadurch keine starke Nachfrage erzeugt werden konnte, sagte Wiegand. «Die Angst vor Corona bleibt.»
Was bei den eigenen Kunden deutlich zugenommen habe, sei der Wunsch, sich zuerst impfen zu lassen. «Zwei von drei Studiosus-Gästen warten mit der Buchung, bis sie geimpft sind.»
Ein Problem ist Studiosus zufolge auch das erratische Infektionsgeschehen in den Zielgebieten und ein schwer vorhersehbares Verhalten der Regierungen, was die Aus- und Einreise angeht.
Einmalige Krise oder neue Normalität?
Bleibt die Frage, ob die neue Flexibilität nach der Pandemie erhalten bleibt. «Wir gehen davon aus, dass das bleiben wird», sagte Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef bei DER Touristik.
Letztlich stellt der Aufpreis für die kurzfristige Storno-Option eine Absicherung für besondere Ereignisse da, die plötzlich doch gegen die Reise sprechen - wenn diese nicht sowieso gebührenfrei abgesagt werden kann, weil der Urlaub erheblich beeinträchtigt ist. Bei Flügen und Hotelbuchungen sind unterschiedliche Tarife längst Standard.
Tui-Deutschland-Chef Marek Andryszak betonte: «Kein Kunde bucht, um zu stornieren.» Wer allerdings doch kurzfristig von der Reise zurücktreten wolle oder müsse, für den gebe es nun die Flex-Option.
Diskussion um Vorkasse noch nicht beendet
Das Corona-Kulanz-Paket bei Studiosus mit dem Verzicht auf eine Anzahlung soll keine Dauerlösung sein. Es sei «eine ganz konkrete Krisenreaktion», sagte Guido Wiegand. Zum derzeitigen Zeitpunkt plane man keine Fortsetzung über das Kalenderjahr hinaus. Diese hohe Dringlichkeit nach Flexibilität werde sich in den nächsten Jahren wieder ein Stück weit relativieren.
Verbraucherschützer hatten zuletzt die Debatte angestoßen, ob Vorkasse bei Reisebuchungen noch zeitgemäß ist. Verzichte man auf die Anzahlung, werde das Produkt teurer, sagte Ingo Burmester von DER Touristik. Damit werden unter anderem Leistungsträger wie Hotels bezahlt. Und: Die angezahlten Gelder der Kunden seien durch die neue Insolvenzversicherung für Reiseveranstalter «so sicher wie nie».
Viele Urlauber haben im vergangenen Jahr lange warten müssen, bis sie ihre Anzahlung für geplatzte Reisen wiederbekamen. Das sorgte für Frust. Marek Andryszak von der Tui sieht aber nicht die Gefahr, dass dies noch nachwirkt: «Ich spüre nichts davon, dass sich jemand zurückhält, weil es letztes Jahr ein bisschen länger gedauert hat.»
(11.03.2021, dpa)