Reiseanbieter sind kreativ Der Wettlauf um die ersten Touristen beginnt
Trotz weltweiter Reisewarnung des Auswärtigen Amts: Wichtige Ferienregionen bereiten schon für die Pfingstferien den Neustart vor.Noch gilt die weltweite Reisewarnung samt 14 Tagen Quarantänepflicht für Heimkehrer nach Deutschland. Und Außenminister Maas warnt vor einem "europäischen Wettlauf" bei der Wiedereröffnung des Tourismus. Das Wettrennen hat aber längst begonnen. Italien, Kroatien, Deutschland: Überall wollen Ferienorte und Hotels vorn dran sein, wenn es möglichst bald wieder losgeht. Das Tempo gibt Österreich vor, dessen Kanzler Sebastian Kurz am 29. Mai die Hotels wieder aufsperren lässt. Kommt es dann zum "Kurz-Urlaub"? Wir haben uns europaweit nach kreativen Ideen für den Re-Start umgesehen.
Österreich: SB-Wellness und Picknickkorb
Die Alpenrepublik öffnet nicht nur als erstes die Hotels, sondern will sich auch gleich die Urlauber sichern. Dazu haben zahlreiche Ferienregionen die Aktion "Easy Summer Storno" gestartet. Vom Neusiedler See über Flachau und Radstadt in den Tauern bis zur Südsteiermark, der Wildschönau und Warth im Lechtal: Überall gibt es nun Pauschalen und Hotelangebote, bei denen man jetzt buchen und bis 14 oder gar 7 Tage vor Anreise kostenlos stornieren kann. "In dieser unsicheren Zeit wollen wir damit ein Stück Sicherheit bieten", erklärt der Tourismusverband Radstadt. Und im Kufsteinerland bietet man solche "Easy Storno"-Urlaube sogar als Geschenkgutschein an.
Aktiv zeigen sich auch österreichische Hoteliers. Auf der Turracher Höhe offeriert etwa "Hollmann am Berg" neue Komfort-Hütten. In denen, so Besitzerin Petra Hollmann, "ist man automatisch auf Distanz zum Rest der Welt, braucht keine Masken und sitzt nur mit seiner Familie in der Sauna." Das Wellnesshotel "Die Wasnerin" in Bad Aussee bietet für alle, die Bammel vor zu viel Nähe haben, "professionell angeleitete Selbstanwendungen" an. Konkret heißt das Detoxing durch Eigenanwendungen auf dem Zimmer, viel kontaktfreie Bewegung an der frischen Luft sowie distanzierte Säure-Basen-Kost zur Entgiftung des Körpers. Das Hotel Bergergut im Mühlviertel hat sich statt Buffet ein serviertes Gourmetfrühstück vom hauseigenen Sternekoch einfallen lassen. Der Turracher Jägerwirt gibt Großeltern, die ihre Enkel lange nicht mehr gesehen haben, 50 Prozent Rabatt für einen gemeinsamen Großfamilienurlaub. Und der Streklhof am Wörthersee minimiert die Infektionsgefahr durch Frühstück mit Picknickkorb auf der hoteleigenen Wiese.
Für Signe Reisch waren die vergangenen Wochen "viel zu ruhig". Die Präsidentin von Kitzbühel Tourismus führt das Hotel Rasmushof direkt im Zielschwung der Streif und freut sich "wahnsinnig", dass es ab 29. Mai wieder losgeht. Sie hofft sehr, auch wieder bayerische Gäste begrüßen zu können. "Wir sind schließlich ein internationaler Ort." Als gute Gastgeberin und Geschäftsfrau ermuntert sie die Bayern, auch jetzt schon zu reservieren, obwohl die Grenzen noch gar nicht offen sind. "Von Stornofristen sehen wir natürlich ab, bis da endlich Klarheit herrscht."
Italien: Plexiglas und Online-Strandbuchung
Noch gibt es keine offizielle Erlaubnis zur Wiedereröffnung der italienischen Strände. Doch die Ferienorte sind bereits sehr kreativ, um auch im Corona-Sommer Gäste zu begrüßen. Besonders viel Gehirnschmalz haben sie in die Distanzregeln investiert. So soll es in Rimini Plexiglasabtrennungen zwischen den Liegestühlen geben, sodass jede Familie ihre eigene, durchsichtige Sonnenkabine hat. Am Strand von Porto Cesareo hat man schon mal getestet, wie es aussieht, wenn jeder Sonnenschirm mit einer Kordel eingezäunt wird. Auf Ischia haben Hoteliers schwimmende Holzliegen vorgeschlagen, auf denen die Menschen sich sonnen und nicht zu nahe kommen sollen. Und in Riccione soll Strandzugang nur noch gegen Vorausbuchung möglich sein, das entsprechende Reservierungssystem wird gerade aufgebaut.
Kroatien: Urlauberkorridor schon ab Ende Mai
Das Adria-Ferienland, das aktuell den EU-Vorsitz hat, plant Ende Mai die Grenze zu öffnen und verhandelt mit Österreich und Deutschland, um eine gegenseitige Einreiseerlaubnis aller Länder zu erreichen, "die die Pandemie bereits im Griff haben", wie es Tourismusminister Gari Cappelli ausdrückt. Er stellt sich sogar einen "Covid 19-Pass" vor. In der Ortschaft Bol auf der Insel Brac haben die Gastgeber derweil einen Youtube-Kanal gestartet und zeigen, was sie jetzt in Corona-Zeiten machen und was die Touristen machen können, wenn sie wieder auf die Insel dürfen. Und im Reise-TV-Sender Sonnenklar läuft eine Kroatien-Kampagne, bei der Reisen kostenlos bis 30 Tage vor Abreise storniert werden können.
Schleswig-Holstein: Abstand im Strandkorb
Willkommen zurück: Schleswig-Holsteins Tourismuswerber wissen zwar ebenfalls noch nicht, wann es wieder losgeht. Aber sie machen schon mal mit der gleichnamigen Kampagne durch witzige Botschaften in Social-Media Lust auf das Reiseland Schleswig-Holstein. Vor Ort wird auf Abstand geachtet: Die deutschen Ostsee- und Nordseebäder überlegen zum Beispiel, nur jedes zweite Hotelbett zu belegen, um die Massen zu reduzieren. Geplant ist zunächst, den Menschen wieder den Besuch von Ferienwohnungen und Ferienhäusern zu gestatten. Hotels und Gastronomie folgen in der nächsten Phase. Am Strand sehen sich die Küstenorte ohnehin dank der Strandkörbe bestens gerüstet. Die wurden zwar erfunden, um die Urlauber vor dem Wind zu schützen. Aber sie sind auch bestens als Abstandshalter geeignet.
Ostbayern: Restart am Bauernhof
Auch im niederbayerischen Bäderdreieck und im Bayerischen Wald kann man es kaum erwarten, die Hotels wieder zu öffnen. "Zusammen mit vielen Partnern entwickeln wir aktuell eine "Restart-Strategie", erklärt Verbandsvorstand Michael Braun. Er kann sich vorstellen, Ferienhäuser und Ferienwohnungen zuerst aufzumachen, weil die Gäste dort für sich sind, und dass die Hotels vorerst keine Frühstücksbuffets haben dürfen und Einschränkungen für Saunen. Neben den Wellnesshotels gibt es im ländlichen Bereich viele Ferienwohnungen, Urlaub auf dem Bauernhof, kleine Landhotels, Chalets, die abseits großer Tourismusströme einen sicheren Urlaub und wohltuende Erholung bieten. Braun: "Viele wollen raus in die Natur, sich bewegen oder etwas für ihre Rekonvaleszenz tun." Erste Touristinformationen haben ihre Türen bereits wieder geöffnet. Auch der Tourismusverband Ostbayern hat sein Büro besetzt, um Prospektwünsche und Anfragen entgegen zu nehmen.
Allgäu: Klavierkonzert auf der Hotelwiese
Die großzügigen Hotelbalkone werden zu privaten Esszimmern, während unten auf der Hotelwiese ein Klavierspieler sein Konzert gibt. Massagen erfolgen unter freiem Himmel mit ganz viel Platz: Das Sonnenalp Resort in Ofterschwang war schon vor Corona eines der kreativsten im Land und hat sich für die Zeit "mit Corona" viel vorgenommen. Direktorin Anna-Maria Faessler brennt darauf zu beweisen: "Urlaub in Corona-Zeiten - das geht!" Gemeinsam mit ihren Azubis hat sie ein Video gedreht, das zeigt, wie die Gäste auf der Sonnenalp berührungslos und trotzdem gastfreundlich empfangen und bewirtet werden sollen. Diesen Film schickte sie an diverse Politiker und hofft nun, dass es "zeitgleich mit den Österreichern wieder losgeht - wir brauchen die Pfingstferien, und unsere Gäste halten es auch nicht mehr aus in der Stadt."
(30.04.2020, srt)