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Wer einmal gebucht hat, kommt nur noch zu hohen Kosten aus dem Vertrag - von diesem Prinzip weichen Reiseveranstalter wegen Corona nun ab

Wer einmal gebucht hat, kommt nur noch zu hohen Kosten aus dem Vertrag - von diesem Prinzip weichen Reiseveranstalter wegen Corona nun ab

Kostenloser Rücktritt Keine Stornogebühren mehr bei Pauschalreisen?

Viele Reiseveranstalter machen derzeit ein außergewöhnliches Angebot: Urlaube können noch kurz vor Beginn kostenloses storniert werden. Nur eine Corona-Sonderregel oder die neue Normalität?

Wer weiß schon, was in zwei oder drei Monaten ist? Diese Unsicherheit durchzieht die Corona-Pandemie. Und sie ist ein Grund, warum die Urlaubsplanung derzeit so schwierig ist. Tatsächlich weiß ja niemand, wann die Menschen geimpft, die Grenzen geöffnet und Reisen wieder uneingeschränkt möglich sein werden. Die Reiseveranstalter haben darauf reagiert - zum Nutzen ihrer Kunden.

Eigentlich müssen Urlauber hohe Stornogebühren zahlen, wenn sie noch relativ kurzfristig ihre Reise absagen, weil sie doch nicht weg möchten. Wenn also keine Reisewarnung oder sonstige außergewöhnliche Umstände ohnehin den kostenlosen Rücktritt von der Reise erlauben. Doch diese heilige Kuh haben einige Veranstalter geschlachtet. Damit wollen sie den Kunden die Angst vor einer Buchung nehmen.

Absage bis zwei Wochen vor Reisebeginn kostenlos

So gilt bei DER Touristik: Wer bis 31. Dezember 2020 einen Urlaub mit Abreisetermin bis Oktober 2021 bucht, kann diesen bis auf wenige Ausnahmen bis 14 Tage vor Abreise gebührenfrei stornieren oder umbuchen. Man wolle «höchstmögliche Flexibilität und Planungssicherheit», so der Veranstalter.

FTI aus München macht es so: Bei Buchungen bis 31. Januar 2021 ist eine kostenfreie Stornierung mit Geld-zurück-Garantie bis 14 Tage vor Reisebeginn möglich. Damit sollen Urlauber flexibel bleiben.

Bei Alltours können Pauschalreisen mit festen Preisen zwischen Anfang April und Ende Oktober 2021 bis 15. März 2021 kostenlos umgebucht oder storniert werden. Winterreisen lassen sich in dieser Saison ohnehin bis zwei Wochen vor Beginn ohne Gebühren absagen.

Die Tui gibt ihren Kunden zumindest die Möglichkeit, kostenlos bis 14 Tage vor Reiseantritt umbuchen zu können, den Urlaub also gratis zu verschieben. Das gilt für alle Neubuchungen von Paketreisen bei Tui und der Luxusmarke Airtours bis 31. Dezember 2020. Zudem gibt es eine gebührenfreie Stornomöglichkeit bis 31 Tage vor Abreise bei Buchungen mit Kinderfestpreis, aber nur bis in den Dezember hinein.

Bei anderen, kleineren Veranstaltern ändern sich die Fristen für kostenloses Umbuchen und Stornieren momentan eher kurzfristig.

Die Sorge ums Geld

Diese neue Großzügigkeit der Veranstalter ist aus der Not geboren, ähnlich wie die kulanten Umbuchungs- und Stornoregeln der Airlines in der Pandemie. Es geht darum, überhaupt Reisen zu verkaufen. Für Urlauber ist das ein echter Gewinn. Sie kommen nun viel leichter raus aus einem Reisevertrag, ohne auf hohen Kosten sitzen zu bleiben.

Daran dürften sich viele Reisende schnell gewöhnen. Wird es nach Corona ein Zurück zu den alten Bedingungen geben?

«Aus Urlaubersicht sind die Sorgen übers Geldverlieren, wenn man eine gebuchte Reise nicht antreten kann, tatsächlich groß», weiß der Tourismusexperte Prof. Martin Lohmann vom NIT Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa. «Insofern würde die Abschaffung der Stornogebühren eine Barriere aus der Welt schaffen.»

Lohmann verweist auf eine Zusatzerhebung zur FUR-Reiseanalyse aus dem September 2020. In der repräsentativen Online-Befragung wurde gefragt, welche Bedenken derzeit bei der Planung von Reisen bestehen. Drei von fünf Befragten (61 Prozent) äußerten die Sorge, ihr Geld im Falle einer Stornierung nicht erstattet zu bekommen.

Ein Tarifsystem wie im Bahnverkehr?

Auf der anderen Seite brauchen Veranstalter Planungssicherheit, um Charterflüge füllen, Hotelkontingente einkaufen und Pauschalpakete schnüren zu können. «Die Stornogebühr ist ein Mittel dafür», erklärt Lohmann. «Schafft man sie ab, wird das nötige Geld an anderer Stelle eingefordert werden.» Denkbar sei ein Risikoaufschlag auf den Gesamtpreis. «Das heißt, es wird eben generell ein bisschen teurer.»

Oder aber es gebe nicht stornierbare Billigangebote und teurere Angebote, die sich stornieren lassen - ähnlich wie bei Bahntickets. «Einfach eine schöne neue Reiseveranstalterwelt ohne Stornokosten wird es kaum geben können», schätzt Lohmann.

Die Veranstalter wollen nicht zu viel versprechen

«Wenn sich die Bedingungen wieder normalisieren, werden wir auch wieder zu den normalen Stornobedingungen übergehen», stellt zum Beispiel Alltours klar. DER Touristik teilt mit, man werde diese Frage in Abhängigkeit von der Entwicklung des Reise- und Buchungsverhaltens entscheiden. Sprich: Es kommt darauf an, wie sehr der Kunde dies auch künftig wünscht und einfordert.

FTI gibt sich da schon offener: «Es ist denkbar, dass es grundsätzlich flexiblere Tarife und Bedingungen geben wird», erklärt der Veranstalter. Bei hoher Auslastung von Flügen und Hotels werde aber auch zukünftig vor allem bei kurzfristigen Reiseabsagen eine Stornierungsgebühr anfallen, um Ausfälle auszugleichen.

Andere Anbieter preschen derweil vor. Das Buchungsportal Holidaycheck hat Ende September ein neues Angebot für Reisen des eigenen Veranstalters Holidaycheck Reisen eingeführt: Wer ausgewählte Flexreisen bucht, muss zunächst keine Anzahlung leisten und kann kostenlos bis sechs Tage vor Abreise stornieren. Erst dann wird auch die Bezahlung der Reise fällig.

Aufpreis für mehr Flexibilität

Für ein abgestuftes System mit verschiedenen Tarifen spricht auch, dass dies bei Buchungen von Hotels im Internet längst normal ist. Auf der Plattform Booking.com etwa bekommen Nutzer in der Regel zwei Preise angezeigt - einen günstigen ohne Stornomöglichkeit und einen teureren mit Gratisstorno zum Beispiel noch einen Tag vor Anreise. Und bei der Ferienhaus-Suchmaschine Hometogo lassen sich die Ergebnisse nach Angeboten mit Gratis-Storno filtern.

Martin Lohmann rät Urlaubern angesichts der Pandemie, eher Reiseangebote zu wählen, von denen Urlauber noch relativ kurzfristig ohne Gebühren zurücktreten können. Wenn dafür kein Aufschlag fällig wird - umso besser. Langfristig gilt dem Experten zufolge jedoch der folgende Grundsatz: Flexibilität kostet.

(26.11.2020, dpa)

 
REISE & PREISE sagt Ihnen, welche Rechte sie haben.

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REISERECHT Stau, Zugverspätung - Flieger weg

Da fliegt es davon - und man selbst sitzt auf seinem Koffer im Flughafen anstatt im Flugzeug. Es gibt viele Gründe, warum ein Passagier seinen Flug verpassen kann: verschlafen, Stau auf der Autobahn, S-Bahn verpasst, Zugverspätung. Nicht immer bleibt er allerdings auf seinem Schaden sitzen. REISE & PREISE sagt Ihnen, wann mit Schadensersatz zu rechnen ist.

Grundsätzlich, so Juristen, muss der Reisende bei seiner Anfahrt zum Flughafen »vorhersehbare und einzukalkulierende Risiken im täglichen Straßenverkehr« berücksichtigen. Die Regel gilt bei manchen Richtern sogar für eher nicht vorhersehbare Zwischenfälle. In einem Fall wurde ein Urlauber bei der Anfahrt zum Airport mit seinem Fahrzeug schuldlos in einen leichten Verkehrsunfall verwickelt. Doch das reichte aus, um die Maschine zu verpassen. Der Betroffene wollte vom Unfallgegner dafür Schadensersatz. Doch vor Gericht kam er damit nicht durch. Die Richter bemäkelten vor allem, der Betroffene sei »ohne jedes Zeitpolster erst so spät« losgefahren, dass er durch den Unfall in die Bredouille geriet. (AG Menden; Az.: 4 C 53/05).

Besser haben es Reisende, die ein pauschales Urlaubspaket mit Rail & Fly-Ticket der Deutschen Bahn gebucht haben. Hat der Zug auf der Fahrt zum Flughafen Verspätung und verpasst der Passagier deswegen seinen Flug, dann muss der Reiseveranstalter für den Schaden haften. Frankfurter Richter erklären: Bietet der Reiseveranstalter für die Anreise zum Flughafen Rail & Fly-Tickets an, so gehört dieser Transfer zum Reisevertrag zwischen Veranstalter und Urlauber. Erreicht der Kunde wegen einer Zugverspätung dann nicht rechtzeitig den Check-in-Schalter und bietet der Veranstalter ihm keinen »zeitnahen« Ersatzflug an, so liege ein »erheblicher Reisemangel« vor. Und dann, so

das Gesetz, können betroffene Urlauber nicht nur eine Minderung des Reisepreises fordern, sondern auch die Reise sofort kündigen, bzw. Schadensersatz oder Entschädigung für »nutzlos aufgewendete Urlaubszeit« verlangen. In diesem Fall galt das, obwohl die betroffenen Gäste sich selbst die Zugverbindung ausgesucht hatten (LG Frankfurt am Main, Az.: 2-24 S 109/09).

Auch wer den Flughafen schon erreicht hat, muss aufpassen. In der Wartelounge des Airports von Dubai schlief der Teilnehmer einer deutschen Reisegruppe ein, verpasste deshalb den Weiterflug in den Jemen und musste auf eigene Kosten mit einer späteren Maschine nachkommen. Vor Gericht hatte er noch versucht, die Verantwortung auf die Reiseleiterin abzuwälzen. Die hätte ihn wecken müssen, habe ihre »Betreuungspflicht« nicht erfüllt. Doch die Reiseleiterin hatte ihn geweckt. Der müde Passagier war direkt danach aber erneut eingeschlafen (AG München, Az.: 183 C 15864/07).

Immer wieder verpassen Passagiere ihren Flug, weil sie am Check-in zu lange warten müssen. Hier sind vor allem die Fluggesellschaften in der Pflicht, sie müssen für entstandene Schäden haften. Grundsätzlich gilt: Ein Reisender, der frühzeitig am Abfertigungsschalter erscheint, »darf darauf vertrauen, rechtzeitig abgefertigt zu werden und mitfliegen zu können« (AG München, Az.: 113 C 2852/00). Und: Solange die Abfertigung am Check-in-Schalter noch nicht abgeschlossen ist, darf eine Fluggesellschaft »die Annahme auch des verspätet am Abfertigungsschalter erschienenen Fluggastes nicht verweigern«, so Juristen. Mit anderen Worten: Wer zu spät am Flughafen erscheint, der sollte nicht gleich schwarz sehen, sondern erst mal zum Check-In-Schalter eilen. Werden dort noch andere Gäste abgefertigt, so muss auch er noch an die Reihe kommen. Ist der Schalter aber bereits geschlossen, dann hat der Passagier Pech gehabt (AG Bad Homburg, Az.: 2 C 2101/98-18). Wichtig auch: Bei langen Warteschlangen muss die Airline dafür sorgen, dass Passagiere mit nahender Abflugzeit aus der Check-in-Schlange herausgerufen und schnellstmöglich abgefertigt werden (AG Erding, Az.: 4 C 309/06).

Umgekehrt müssen Fluggäste bei Umsteigeverbindungen oder Anschlussflügen die für jeden Airport gültige »minimum connecting time« berücksichtigen. Mit Blick auf die internationale Ankunft und die Zollformalitäten hält Luftrechtler Roland Schmid zum Beispiel eine nur 50-minütige Umsteigezeit im indonesischen Flughafen Denpassar für "sehr knapp bemessen". Dort hatte ein aus Singapur kommender deutscher Passagier seinen Weiterflug auf die Ferieninsel Lombok verpasst.

(April 2010, Elias Elo)

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