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Ein realistisches Ziel sind die Malediven, meint REISE & PREISE-Chefredakteur Oliver Kühn

Ein realistisches Ziel sind die Malediven, meint REISE & PREISE-Chefredakteur Oliver Kühn

Das Interview Trotz der Corona-Pandemie jetzt in den Urlaub fliegen?

Oliver Kühn, Chefredakteur der Zeitschrift REISE & PREISE, stellt sich den Fragen der Online-Redaktion über die Möglichkeiten, jetzt in den Urlaub zu fliegen.

Dürfen wir in diesen Tagen überhaupt vom Urlaub träumen oder sollten wir alle besser zu Hause bleiben?

Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Faktisch gesehen spricht aber nichts dagegen, in ein Nicht-Risiko-Gebiet zu fliegen. Der Weg zum Urlaubsort ist nicht gefährlicher als der eines Pendlers mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arbeitsplatz .  Und gegen einen Aufenthalt in einem wenig von Corona betroffenen Land ist eigentlich nichts einzuwenden. Wenn Politik und Medien dieser Tage vermelden, auf Reisen sollte verzichtet werden, bezieht sich das auf Deutschland, das Beherbergungsverbot und die Hochrisikoländer der Nachbarschaft, nicht aber auf Länder, in denen Corona weitaus weniger verbreitet ist als bei uns.

Darf ich zurzeit Urlaub im Ausland machen, auch wenn ich aus einem Risikogebiet wie Deutschland komme?

Ja, für die meisten EU-Länder gibt es keine Reisebeschränkungen. Für viele Länder und Regionen hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen, doch ist das nicht gleichbedeutend mit einem Reiseverbot. Ich rate aber dennoch davon ab, an einem Corona-Hotspot Urlaub zu machen. Bis zur Sommersaison bleibt den betroffenen Ländern jetzt Zeit, die Lage unter Kontrolle zu kriegen. Dann werden hoffentlich auch die geplanten Massenimpfungen die Lage nachhaltig entspannen. Eine Option in Europa sind derzeit die Kanarischen Inseln, da wurde die Reisewarnung aufgehoben. Bei der Einreise muss allerdings ein negativer COVID-19-Test vorgelegt werden. Gleiches gilt auch für Madeira.

Wie sieht es bei Fernreisen aus?

Auch wenn derzeit nur über Reiseverbote und -beschränkungen gesprochen wird, heißen einige ferne Länder Touristen schon wieder willkommen. Weil die Infektionszahlen z. T. weit unter denen Europas liegen. Nur spielen diese Länder und Informationen in den Medien derzeit nicht so eine große Rolle.

Welche Ziele lassen sich denn in diesem Winter realisieren?

Ein realistisches Ziel sind die Malediven. Dafür muss wie bei fast allen außereuropäischen Ländern ein bei Reisebeginn maximal 72 Stunden alter PCR-Test vorlegt werden. Möglich sind auch Reisen nach Namibia. Dort leben auf der doppelten Fläche Deutschlands nur 2,5 Millionen Einwohner, die Infektionszahlen sind niedrig. Auch Kuba hat wieder geöffnet: Der Corona-Test wird dort bei der Einreise gemacht. Entgegen anderslautenden Angaben muss man in Kuba nach der Einreise keine fünftägige (Hotel-) Quarantäne absolvieren. In die Dom. Republik kommt man, Stand heute, sogar ohne PCR-Test. Ob das eine gute Entscheidung war, bleibt abzuwarten. 

Niedrig sind auch die Zahlen in vielen afrikanischen Ländern, etwa in Tansania, Botswana und Ruanda. Wie verlässlich die Angaben dieser Länder sind, vermag ich nicht zu sagen. Den Afrikanern kommt aber zugute, dass das Durchschnittsalter der Bevölkerung sehr niedrig ist, die Menschen sich überwiegend an der frischen Luft aufhalten und die Länder viel Erfahrung im Umgang mit Epidemien haben.

Weite Teile Europas sind derzeit selbst Risikogebiet. Führt das zu Einschränkungen?

Da wir zurzeit selbst Risikogebiet sind, kann es jederzeit passieren, dass andere Länder die Einreisebestimmungen anpassen. Beispiel Seychellen: Dort konnten wir bis vor kurzem mit einem negativen Coronatest einreisen. Seit neuestem müssen deutsche Urlauber erst einmal sechs Tage im Hotel bleiben. Länder wie Australien, Neuseeland und einige südostasiatische Länder sind weitgehend coronafrei, lassen aber nach wie vor keine Touristen ins Land. Auch die südliche Karibik hat sehr niedrige Infektionszahlen, Deutschland und andere europäische Länder werden dort mittlerweile als „High-risk“-Regionen geführt und müssen die Quarantänebestimmungen erfüllen. Wir werden sicher noch eine Weile damit leben müssen, dass sich Einreisebestimmungen von heute auf morgen ändern können. Wichtig ist es daher, eine Reiserücktrittsversicherung mit umfangreichem Corona-Schutz zu haben und stornierbare Tarife zu bevorzugen.

Hier finden Sie Fernziele , in die Sie mit einem negativen Corona-Tests reisen können.

Was muss ich beachten, wenn ich in ein Land OHNE Reisewarnung reise. Wie kann ich mich gegen Corona-Risiken absichern?

Wichtig ist vor allem bei Individualreisen eine Reiserücktrittsversicherung, die die Risiken abdeckt, etwa wenn am Urlaubsort wegen eines Infektionsfalls plötzlich eine Quarantäne angeordnet wird. Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Versicherung auch zahlt, wenn man selbst nicht an Corona erkrankt. Wer eine Reisekrankenversicherung hat, sollte überprüfen, ob Corona-Risiken abgedeckt sind, oder eine geeignete Versicherung abschließen. In der aktuellen Ausgabe von REISE & PREISE haben wir Versicherungen mit Coronaschutz getestet, längst nicht alle Policen schneiden gut dabei ab.

Wann wird ein Land zum Risikogebiet erklärt?

Immer dann, wenn es in den letzten 7 Tagen 50 oder mehr Positivfälle pro 100.000 Einwohner registriert wurden. Außerhalb von Europa und bei Inselgruppen unterscheidet das Auswärtige Amt leider immer noch nicht nach Regionen. Beispiel: Wird die kritische Grenze, wie gerade wieder  geschehen, z. B. auf Teneriffa überschritten, gilt die Reisewarnung für alle Kanareninseln, auch wenn es auf den Nachbarinseln erheblich weniger Infektionen gibt. Oder auf den Malediven: Da gilt die Reisewarnung auch für alle 90 Resortinseln, obwohl man dort nur auf Touristen trifft, die vom Airport direkt auf die Inseln gebracht werden und bei der Einreise einen Negativtest vorgelegt haben. Auch die Mitarbeiter werden dort regelmäßig getestet

Wie und wo komme ich verlässlich an ein dokumentiertes Testergebnis, das nicht älter als 72 Stunden ist?

Das ist in der Tat nicht einfach. Die von den Behörden kontrollierten Testzentren nehmen nur Tests vor, die von den Gesundheitsämtern angeordnet werden. An den Flughäfen konzentriert man sich eher auf Reiserückkehrer. Selbstzahler, die ein Gesundheitszeugnis für Auslandsreisen benötigen, werden an die Hausärzte verwiesen. Das könnte aber zu Terminproblemen führen, weil das Ergebnis oft auf sich warten lässt und der Test nicht älter sein darf als 72 Stunden, manchmal sind es sogar nur 48 Stunden. Es bleibt dann nur der Weg in ein öffentliches Abstrichzentrum, wie in Frankfurt und Hamburg am Airport (Centogene) oder in Düsseldorf und Köln in der Innenstadt (Zotts Klimas). Da besteht noch viel Handlungsbedarf, zumal einige Anbieter astronomische Gebühren nehmen. In Hamburg und Frankfurt zahlt man dafür 60 Euro, am Münchener Airport bis zu 190 Euro, in Zürich sogar bis zu 240 Euro.

Wie sicher ist es, dass Touristen, die jetzt in die Urlaubsländer mit niedrigen Infektionszahlen reisen, dort nicht wieder Corona einschleppen?

So gut wie alle außereuropäischen Länder verlangen mittlerweile einen Negativtest, der bei Reiseantritt nicht älter sein darf als 72 Stunden. Das schafft eine relative Sicherheit, wenngleich ein Restrisiko besteht, weil sich Reisenden in der Zwischenzeit anstecken könnten. Noch sicherer wäre es, vor Ort zusätzlich ein Schnelltest anzuordnen. Soll es mit den Airlines und Verstaltern im nächsten Jahr wieder aufwärts gehen, müssen Bundesregierung und Länder jetzt dafür sorgen, dass die Abstrichzentren gegen Bezahlung auch Reisende testen, zumindest an den Flughäfen. Und zwar zu kontrollierten Preisen.

Wie sicher ist das Reisen im Flugzeug? Wenn Passagiere den Mund- Naseschutz (FFP2-Maske) am Platz zum Essen abnehmen dürfen, steigt dann nicht das Infektionsrisiko?

Das vermag ich abschließend nicht zu beurteilen. Zieht man die Zahlen vom Robert-Koch-Institut heran, spielt das Flugzeug bei der Verbreitung keine große Rolle. Die Lüftungs- und Klimaanlagen sind heute, glaubt man den Aussagen der Hersteller und Airlines, so konzipiert, dass Viren effektiv abgeleitet werden. Ich empfehle, Desinfektionstücher dabei zu haben, Sitzlehnen und Klapptische abzuwischen und vor allem auf der Flugzeugtoilette auf Hygiene zu achten.

Kann ich mich absichern, wenn ich in eine Region reise, die zu den Risikogebieten zählt?

Mir ist keine Versicherung bekannt, die das direkt versichert. Bei Emirates und Etihad sind Fluggäste automatisch 31 Tage gegen Corona-Risiken abgesichert. Auch Lufthansa bietet neuerdings eine Corona-Versicherung an, die aber kostenpflichtig ist (€ 30 bis 60 je nach Destination). Costa Rica bietet Urlaubern eine Krankenversicherung an, die vor Ort und beim Veranstalter abgeschlossen werden kann.

Was ist, wenn ein Urlaubsziel während des Aufenthaltsortes zum Risikogebiet erklärt wird?

Das kann immer passieren. In diesem Fall wird nach Rückkehr eine zehntägige Quarantäne angeordnet, die durch einen negativen Coronatest nach fünf Tagen verkürzt werden kann. Bei Fernreisen oder bei Ländern mit Reisewarnung wie den Malediven empfehle ich daher, vorsichtshalber eine Woche länger Urlaub einzureichen.

Gibt es anerkannte Covid-19-Tests im Handel, die bei der Einreise im Ausland akzeptiert werden bzw. anerkannt werden, um die Quarantäne zu verkürzen?

Neu am Markt ist ein »PCR-Gurgel-Test«, der in absehbarer Zeit sogar, so ist zu hören, über eine Drogeriekette angeboten werden soll. Bei dem neuen Testverfahren wird mit einem speziellen Mineralwasser gegurgelt und nach  Online-Registrierung  in einem Behälter mit Salzlösung  per Kurier  ans  Labor geschickt. Individualreisende können den Testset bei spielsweise beim Berliner ifp Institut für Produktqualität bestellen (https://covid19.produktqualitaet.com, € 135, 4-er-Familienset € 320,  Die Red . ). Auch  DER  Touristik bietet seinen  Kunden den gleichen  Gurgeltest an (€ 1 29, 2 Personen € 199, 24 Stunden-Express-Service € 24  Die Red .). Das Testergebnis wird bei Einreise in Länder akzeptiert, die einen negativen COVID-19 verlangen und ist bei Bedarf auch in englischer Sprache erhältlich. Das ist gut für Auslandsreisende, die für die Einreise einen  negativen Corona-Test brauchen  und den Test nicht beim Arzt oder im  Abstrichzentrum machen möchten .  

In welchem Land würden Sie jetzt Urlaub machen?

Wenn ich die Zeit hätte, in Thailand. Die Thais werben derzeit mit dem neuen TR-Visum. Dazu ist zunächst in eine 14-tägige Selbstisolation in einem zertifizierten Hotel in Bangkok oder Phuket zu absolvieren. Während dieser Zeit werden zwei Tests vorgenommen. Vor der Abreise muss bei der Botschaft ein sogenanntes Certificate of Entry beantragt und genehmigt werden ( mfa.go.th ). Nach Beendigung darf man sich frei im Land bewegen, allerdings muss eine Corona-App aufs Smartphone geladen werden. Das lohnt sich aber nur für Urlauber, die zwei, drei Monate am Stück verreisen können, zumal allein die Kosten für das Hotel 1.500 bis 2.000 Euro betragen. Restaurants und Unterkünfte haben überall geöffnet, die Beschränkungen sind überschaubar. Thailand, so unsere Korrespondentin vor Ort, ist derzeit, auch wenn an der Grenze zu Myanmar ein Coronaausbruch zu verzeichnen ist, in den touristischen Regionen weitgehend coronafrei und derzeit so entspannt zu bereisen wie schon seit den neunziger Jahren nicht mehr.

(20.12.2020, rp)